Beschlussfassungen außerhalb von Gesellschafterversammlungen

Viertes Bürokratieentlastungsgesetz, § 48 Abs. 2 GmbHG

Der Gesetzgeber hat u.a. § 48 Abs. 2 GmbHG geändert. Bislang bedurfte es dann nicht der Abhaltung einer Gesellschafterversammlung (Präsenz), wenn sich sämtliche Gesellschafter in Textform (E-Mail, Telefax) mit dem Beschlussvorschlag einverstanden erklärt haben (Variante 1). Nunmehr genügt auch das Einverständnis sämtlicher Gesellschafter mit einer Abgabe der Stimmen in Textform (Variante 2).

Das was mit dieser Gesetzesänderung so unscheinbar daherkommt hat nach dem Verständnis des Verfassers dieses Rundschreibens tiefgreifende praktische Bedeutung, deren sich Gesellschafter, Geschäftsführer, Vorstände und Aufsichtsräte aller Gesellschaftsformen – also neben GmbH / UG auch die Personengesellschaften wie (e)GbR, OHG, KG und GmbH & Co. KG – bewusst sein sollten, wollen sie - worauf es schließlich ankommt! - Probleme lösen.

Leitbild für die Beschlussfassung ist die Abhaltung einer Gesellschafterversammlung, zu der die Gesellschafter persönlich anwesend sind (Präsenzversammlung). Machen wir es einfach: Präsenz ist Präsenz und dieses „Aug in Aug“ gegenüberstehen, sich nicht verstecken können, sich rechtfertigen müssen, ist gerade in Konfliktfällen durch nichts zu ersetzen! Und diese Arena für eine direkte Konfrontation zur Klärung, als letzte Ausfahrt vor jahrelangen Gerichtsverfahren, sollte man sich nicht nehmen lassen.

Deswegen hatte der Gesetzgeber neben der Präsenzversammlung vorsichtig zunächst nur mit § 48 Abs. 2 GmbHG einstimmige Abstimmungen in Textform zugelassen (Variante 1 = Sachentscheidung). Einigkeit aller braucht keine Regeln.

Nunmehr können mit (vorherigem oder gleichzeitigem) Einverständnis aller Gesellschafter Beschlüsse auch durch Stimmabgabe der Gesellschafter „in Textform“ gefasst werden (Variante 2). War vorher im sog. Umlaufverfahren für die Stimmabgabe die Unterschrift des Gesellschafters unter die Stimmabgabe erforderlich, genügt jetzt die Stimmabgabe in Textform (z.B. per Mail oder Telefax). Der wesentliche Unterschied zur Variante 1 ist, dass mit der Variante 2 dann Beschlüsse mit den Mehrheiten, wie sie die Satzung auch für Präsenzversammlungen vorsieht, gefasst werden können.

Die alternativen Beschlussverfahren wie Videokonferenz, Telefonkonferenz, Umlaufverfahren, kombinierte Verfahren, Zuschaltung von Gesellschaftern etc. darzustellen, ist nicht Anliegen dieses Mandantenrundschreibens. Bereits die Einhaltung der Formalien eines Umlaufverfahrens macht erfahrungsgemäß Geschäftsführern Probleme. Vorliegend geht es darum, für den Wert einer Präsenzversammlung zu werben. So sind in neueren Mustern für Gesellschaftsverträge bereits für bestimmte wichtige Entscheidungen - wie z.B. Ausschluss eines Gesellschafters, Einziehung von Geschäftsanteilen, Geschäftsführerbestellung und -abberufung - der Beschlussfassung in Präsenzversammlungen vorbehalten.

Diese grundlegenden Darstellungen sind nicht beschränkt auf die GmbH. Das Personengesellschaftsmodernisierungsgesetz hat zwar nunmehr auch für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts in § 714 BGB zumindest den Begriff „Gesellschafterbeschlüsse“ und für die OHG und die KG in § 109 HGB die „Versammlung“ als Ort der Beschlussfassung eingeführt, die konkrete Ausgestaltung selbst aber den Gesellschaftern und den Gesellschaftsverträgen vorbehalten. Wir dürfen hierzu auf unsere umfassende Darstellung im Mandantenrundschreiben 08/2023 verweisen.

Fazit:

In Satzungen von GmbH, UG und Genossenschaften sowie Gesellschaftsverträgen von GbR, OHG, KG (einschließlich GmbH & Co. KG) sollten die Modalitäten der Art und der Durchführung von Beschlussfassungen mit Bedacht gewählt und inhaltlich klar geregelt sein. In Streitfällen ist oftmals „Präsenz“ durch nichts zu ersetzen!


Prof. Dr. Junghanns
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Steuerrecht
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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