Zugang einer Kündigung durch Einwurf-Einschreiben

Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger

Die persönliche Übergabe einer Kündigung gegen schriftliche Bestätigung des Erhalts oder die Übergabe im Beisein von Zeugen ist am besten geeignet, um den Zugang der Kündigung nachzuweisen. Unter bestimmten Umständen ist dies jedoch nicht möglich. Wie weisen Sie im Bestreitensfall den Zugang einer versandten Kündigung nach?

Besonders bei der Kündigung von Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmern mit langer Kündigungsfrist kann es teuer werden, wenn nach mehreren Jahren in letzter Instanz festgestellt wird, dass die Kündigung unwirksam ist, da sie nicht zugegangen ist.

Eine Kündigung unter Abwesenden gilt als zugegangen, wenn die Kündigung als Willenserklärung in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von ihr Kenntnis zu nehmen. Zum Bereich des Empfängers gehören von ihm vorgehaltene Empfangseinrichtungen wie ein Briefkasten.

Wichtig ist, dass der Arbeitgeber für den Zugang des Kündigungsschreibens die Darlegungs- und Beweislast trägt.

Eine aktuelle Entscheidung des BAG vom 30.01.2025, (2 AZR 68/24) macht deutlich, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind.

Die Arbeitgeberin kündigte das mit der Arbeitnehmerin bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 26.7.2022 außerordentlich, hilfsweise ordentlich. Die gegen die Wirksamkeit der Kündigung klagende Arbeitnehmerin bestritt den Zugang des Kündigungsschreibens.
Die Beklagte hat geltend gemacht, das Arbeitsverhältnis sei mit Zugang des Schreibens vom 26.07.2022 beendet worden. Die Mitarbeiterinnen der Beklagten U und K hätten das Kündigungsschreiben gemeinsam in einen Briefumschlag gesteckt. Danach habe Frau U den Umschlag zur Post gebracht und dort am 26.07.2022 um 15:35 Uhr als Einwurf-Einschreiben zur Sendungsnummer XX persönlich aufgegeben. Ausweislich des im Internet abrufbaren Sendungsstatus sei das Schreiben mit der entsprechenden Sendungsnummer der Klägerin am 28.07.2022 zugestellt worden. Wegen des zwischenzeitlichen Ablaufs der Aufbewahrungsfrist von 15 Monaten innerhalb derer die Deutsche Post AG die Kopie eines Auslieferungsbelegs erteilt, könne die Beklagte einen solchen nicht vorlegen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage - soweit in der Revision von Interesse - abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Klage wurde durch den Zweiten Senat des BAG stattgegeben. BAG 30. Januar 2025 – 2 AZR 68/24 –
Einwurf-Einschreiben - Zugang - Anscheinsbeweis
Zum Anscheinsbeweis für den Zugang der Kündigung bei einem Einwurf-Einschreiben hat der Bundesgerichtshof bereits in der Vergangenheit wiederholt entschieden (BGH 11. Mai 2023 - V ZR 203/22 - Rn. 8; 27. September 2016 - II ZR 299/15 -Rn. 33). Danach hat der Absender bei Vorlage des Einlieferungsbelegs zusammen mit einer Reproduktion des Auslieferungsbelegs den Beweis des ersten Anscheins erbracht, dass die Sendung durch Einlegen in den Briefkasten bzw. das Postfach zugegangen ist, sofern ein näher beschriebenes Verfahren eingehalten wurde.
Der BGH hatte ein Zustellverfahren der Deutschen Post als solches bejaht, bei dem die Ablieferung der Sendung durch deren Einwurf in den Briefkasten oder das Postfach des Empfängers erfolgt ist. Unmittelbar vor dem Einwurf wurde das sog. „Peel-off-Label“ (Abziehetikett), das zur Identifizierung der Sendung dient, von dem zustellenden Postangestellten abgezogen und auf einen vorbereiteten, auf die eingeworfene Sendung be-
zogenen Auslieferungsbeleg aufgeklebt. Auf diesem Beleg bestätigte der Postangestellte nach dem Einwurf mit seiner Unterschrift und der Datumsangabe die Zustellung. Bei Einhaltung dieses Verfahrens sei der Schluss gerechtfertigt, dass die eingelieferte Sendung tatsächlich in den Briefkasten des Empfängers gelangt ist.

Im vorliegenden Fall hat der Arbeitgeber die Voraussetzungen für den Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger nicht dargelegt. Er hat den Auslieferungsbeleg für die von ihm am 26.07.2022 eingelieferte Postsendung nicht vorgelegt und ist hierzu wegen des zwischenzeitlich eingetretenen Fristablaufs nicht mehr in der Lage. Es fehlt somit an Angaben über die Person des den Einwurf bewirkenden Postbediensteten sowie über weitere Einzelheiten der Zustellung. Da der Arbeitgeber den Auslieferungsbeleg nicht vorlegen konnte, verlor er den Prozess.

Fazit:

Ist eine persönliche Übergabe der Kündigung nicht möglich, sollte die Zustellung durch einen Boten (möglicher Zeuge) erfolgen. Ist dies nicht möglich, kann die Zustellung auch durch ein Unternehmen (z.B. Deutsche Post) erfolgen. In diesem Fall muss der Arbeitgeber die Voraussetzungen für den Anscheinsbeweis des Zugangs beim Empfänger im Bestreitensfall darlegen und nachweisen. Dazu gehören neben der Vorlage des Einlieferungsbelegs eines Einwurf-Einschreibens und der ausführlichen Darstellung seines Sendeverlaufs von dem Einstecken des Kündigungsschreibens in den Briefumschlag durch Zeuginnen oder Zeugen über den Gang zur Post oder Übergabe an einen Kurier auch die Vorlage einer Reproduktion des Auslieferungsscheines mit Bestätigung des zustellenden Postangestellten/Kuriers. Rechtstreite vor den Arbeitsgerichten können mehrere Jahre dauern. Rufen Sie daher fristwahrend die Auslieferungsbelege ab. Der online abrufbare Sendungsstatus ist nicht ausreichend. Gern stehen wir Ihnen im Einzelfall für Fragen zur Verfügung.


Pühn
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht

PÜHN Rechtsanwälte | Kolpingstraße 17 | 08058 Zwickau | Telefon: +49(0)375 / 2 74 92-0 | Fax: +49(0)375 / 29 16 29 | E-Mail:

Impressum

Diese Webseite ist ein Angebot von